Auf der anderen Seite der Angst.
Heute möchte ich über ein sensibles Thema schreiben, weil es mir wichtig ist, offen und mutig auch über Tabuthemen zu sprechen. Ich habe eine hypochondrische Angststörung. Oft wird sich darüber lustig gemacht wenn jemand hypochondrische Züge hat, aber kaum einer weiß, wie viel Leid, Angst und Tränen sich hinter einer Angststörung verbergen. Ich war schon als Kind sehr ängstlich und sensibel, wenn meine Mama Fieber hatte, habe ich mir die schlimmsten Szenarien ausgemalt und bin innerlich verfallen.
Als Finn ein Baby war, hat sich das ganze etwas verstärkt, ich war diese Mutter die wegen leicht erhöhter Temperatur sofort zum Arzt gefahren ist, und bei jedem Symptom das mir unbekannt vorkam, ging in meinem Kopf ein schriller Alarm los.
Das ganze war zwar lästig, aber in seiner Ausprägung sehr gering und ich konnte gut damit leben. Ich war eben ein bisschen ängstlicher, aber es war gut zu bewältigen.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, was für Ängste ich in meinen Schwangerschaften durchgestanden habe. Besonders schlimm war es, als ich mit Emil und den Zwillingen schwanger war. Ich hatte Blutungen, Hämatome, und große Angst das Wertvollste in meinem Leben zu verlieren, Angst davor die Kontrolle abgeben zu müssen. In der Schwangerschaft bleibt einem einfach nichts anderes übrig, als guter Hoffnung zu sein und der Natur ihren Lauf zu lassen. Die Natur ist manchmal erbarmungslos und gerade das Thema Fehlgeburt wird in unserer Gesellschaft oftmals totgeschwiegen und tabuisiert obwohl es statistisch gesehen fast jede Frau einmal in ihrem Leben betrifft.

Dann kam ein Moment in meinem Leben der alles verändern sollte. Alles. Im Mai 2016 lernte ich die Angst von einer ungeahnten Seite kennen, von einer die jedes andere Gefühl im Keim erstickte.
Der Mai 2016 hat sich auf ewig in meine Seele gebrannt, und wenn ich heute an diese Zeit denke, erkenne ich mich selbst kaum wieder. Ich sah plötzlich überall nur noch Krankheiten, hatte Angst meine Kinder oder ich könnten an einer tödlichen Krankheit sterben – die Angst hat mein Leben bestimmt, massiver Gewichtsverlust, Schlaflosigkeit, und Angstzustände waren die Folge. Das hier wird ein Geständnis, das Geständnis meiner Angst.
Aber bevor ich meine ganze Geschichte erzähle, möchte ich aber noch eines loswerden. Psychische Erkrankungen werden in unserer Gesellschaft immer noch tabuisiert und als Spinnerei abgetan, Betroffene werden belächelt und manchmal sogar gedemütigt. Was zurückbleibt ist noch mehr Verzweiflung, und das Gefühl von endlosem Fallen. Stellt euch vor, ihr geht angsterfüllt mit Herzklopfen schlafen, wacht Nachts schweißgebadet auf um morgens wieder mit Angst in den Tag zu starten. So ging es mir über ein Jahr lang, und wenn ich an die Gefühle von damals zurückdenke, dann füllen sich meine Augen mit Tränen und meine Stimme beginnt zu stocken. Ich mache meine Geschichte öffentlich um anderen Mut zu machen, Mut, dass auf der anderen Seite der Angst immer noch die Sonne scheint, Mut, dass es wirklich besser werden kann und man irgendwann wieder durchs Leben tänzeln kann.
“If my eyes could show my soul, everyone would cry when they saw me smile.”
Kurt Cobain
Ich habe seit 8 Jahren eine soziale Angststörung und die ersten fünf ohne Diagnose. Ich ging nur noch zum Arbeiten, Einkaufen und Gassi gehen aus dem Haus. Danke Therapie und kurzzeitig Antidepressiva ging es endlich wieder bergauf. Danke, dass du deine Reichweite nutzt, solch ein Thema anzusprechen, da die wenigsten auch nur einen Hauch einer Ahnung haben was das eigentlich ist.
Danke, dass Du über dieses Thema so offen sprichst. Meine Tochter ist an einer Angststörung erkrankt. Es ist schwer sich hinein zu versetzen und Berichte von Betroffenen schaffen einfach mehr Bewusstsein und machen auch Mut. Vielen lieben Dank dafür!
Danke Dir für diesen Beitrag. Und danke fürs öffentlich dazu stehen. Das ist so schwer in der heutigen Oberflächen Gesellschaft. Respekt wie du mit 8 Kids das meisterst. Das sind sicherlich nicht immer einfache Zeiten. Ich hab es auch und das seit ich 10 bin. Man lernt damit zu leben. Aber weg geht es nie hab ich das Gefühl. Danke nochmals und hoffe dir geht es gut ❤
Ich kenne das so gut…und den berühmten Satz „jetzt reiß dich mal zusammen, du hast doch nix“! Ich lebe seit dem Tod meines Vaters mit dieser Angststörung und muss auch Medikamente nehmen….es gibt gute Tage und wenn die schlechten Tage kommen reißt es Dich jedesmal wieder von den Füßen! Danke für Deine Offenheit!
Alles Liebe und viel Kraft
Hallo, einen sehr toller Beitrag von dir und ganz viel Respekt für deinen Mut.
Danke… ich habe auch oft zu Angstzustände. Nicht ganz so stark wie deine beschriebenen, aber es ist doch immer ein Kampf… verstärkt auftreten tun diese seit der Geburt meiner ersten Tochter. Also bald 4Jahre.
Ich habe es selbst immer als Überempfindlich oder Überfürsorglich angetan… was aber vielleicht auch wirklich wo seine Ursache hat.
Danke nochmal, du bist wirklich Stark und eine wunderbare Mutter! ♥️
Ein sehr ehrlicher Text. Ich finde es bewundernswert, wie du den Weg aus der größten Angst heraus geschafft hast. In der Schwangerschaft mit meinem zweiten Kind habe ich wegen Komplikationen eine peripartale Angststörung entwickelt. Meine Hoffnung, das mit der Geburt alles vorbei ist und ich mein Kind sicher weiß, hat sich leider nicht erfüllt. Seit dem habe ich unendliche Angst ihn an den plötzlichen Kindstod zu verlieren. Es ist ein Albtraum, aber mit meiner Therapeutin mache ich große Fortschritte. Alles gute für dich!
Ich sitze, nein eigentlich liege ich da und bin sprachlos.
Ich arbeite sehr viel an mit selbst um alte Muster loszuwerden. Manchmal fühlt es sich wie ein großer Berg an den ich nicht bezwingen kann!
Angst nicht die Kontrolle über mich zu haben, Angst meine Kinder nicht mehr zu kontrollieren, sprich, dass ihnen nichts passiert, Angst das Liebste zu verlieren, Angst vor Krankheiten..es wird immer mehr.
Gestern bin ich in die bedingungslose Liebe gegangen und probiere nun meine eigene Angst und mein nicht Trauen an das Leben aufzulieben. Tag für Tag..bis es weg ist.
Ich kann mit dir mitfühlen was das heißt.
In meinem Vorleben vermute ich, habe ich meine Eltern im Krieg verloren. Der Traum war so real…
Licht und Liebe
Irene
Für mich war es in der Schwangerschaft meines Sohnes sehr sehr schlimm. Ich hatte von Beginn an Angstzustände und dann hatte ich noch einen Todesfall in der Familie. In der Stillzeit ging es mir sehr gut. Danach wieder bergab. Mittlerweile kam es auch zur Trennung des Vaters meines Sohnes. Seit dem geht es mir leider nicht besser.
Ich bewundere dich, dass du trotz der Umstände 8 Kinder auf die Welt gebracht hast 😍👏 Ich hätte auch gerne irgendwann, mit dem passenden Partner, mehrere Kinder. Derweil ist der Gedanke an eine Schwangerschaft aber leider angsteinflösend!
Danke für den ersten Teil deiner Geschichte! ❤
Es tut gut zu wissen, dass man nicht die Einzige ist! 🤗
Danke Lisa für diesen tollen und wertvollen Text. Ich kann es so gut nachempfinden. Mir geht es seit vielen Jahren so. Es kostet unheimlich viel Mut und Kraft, damit zu leben. Es ist so wichtig darüber reden zu können.
Hallo Lisa ,ich folge dir schon länger und bewundere deine Kraft trotz dieser Krankheit. Ich habe neben Depressionen auch eine Ptbs, etliche Klinikaufenthalt führten dazu das ich mit Mitte 30 in Rente gehen musste.Ich wünschte ich wäre so stark wie du und die anderen ,die es ” geschafft ” haben wieder lächelnd durch das Leben zu gehen.Es wird noch ein langer Weg, aber ich bin unterwegs, brauche wohl einfach nur ein wenig länger, so allein zu Fuß 😉 ich danke dir für den Bericht, denn ja ,leider sagt die Gesellschaft ” stell dich nicht so an ” 😢